Doppelte Premiere: Yashica 635 mit 35mm-Adapter und erste Farbentwicklung


Ein kleiner Exkurs zu Beginn..

Seit vielen Jahren fotografiere ich analog und genau so lange pflege ich eine gewisse Neigung zum sogenannten GAS (=Gear Aquisation Syndrome), einem leicht krankhaften Anhäufen von Kameras und Zubehör.
In letzter Zeit habe ich das Syndrom gut im Griff. Die meisten Kameras, die ich aus gewissen Gründen haben wollte, sei es weil sie ein lichtstarker Messsucher sind, eine doppeläugige Kamera mit Wechselobjektiven oder eine batterielose Halbformatkamera mit Belichtungsautomatik, konnte ich über die Jahre ergattern. Die anderen kann ich mir nicht leisten – ein bisschen Vernunft ist also noch im Spiel. ;)

Natürlich fliegen einem immer ein paar andere Kameras noch so zu, aber ich sammel nicht aus reiner Sammelwut, das unterscheidet mich von den harten GAS-Fällen..

Die Yashica 635

Eine Kamera, die ich wegen ihrer Besonderheit haben wollte, ist die Yashica 635.
Eine klassische doppeläugige Mittelformatkamera aus Japan, gebaut Ende der 1950er Jahre. Besonders macht sie ihre Mechanik kombiniert mit einem Adapter, die die Möglichkeit bieten mit Kleinbildfilmen zu fotografieren. Deswegen der Name: 6 für das Mittelformat 6x6cm und 35 für die 35mm-Kleinbildfilme. Das Schwestermodell ohne diese Funktion ist die Yashica D.

Ein weiteres Schmankerl: Man kann angenehm mit zwei Einstellrädern links und rechts von der Doppeloptik Blende und Belichtungszeit einstellen und sie über dem Sucherobjektiv ablesen. Das gilt ebenso für das Modell D und die jüngeren Modelle 124 und 124G.
Einige, vor allem jüngere Doppeläugige, haben eine eingebaute Doppelbelichtungssperre. Man spannt den Verschluss gleichzeitig mit dem Filmtransport. Das ist bei der 635 nicht der Fall, der Verschluss wird direkt an der Kamera über einen Hebel gespannt, man kann ohne Probleme Doppelbelichtungen machen.Die Kamera durfte ich bereits seit mehreren Jahren mein Eigen nennen, den Adapter nur noch nicht. Ich nutzte sie als Mittelformatkamera, immer mit der Hoffnung verbunden, eines Tages an den Adapter zu kommen und ihren Anschaffungszweck rechtfertigen zu können… ;)
Um die Jahreswende 2016/17 war es so weit, ich fand ich ihn endlich günstig über eine Kleinanzeige. Zwar ohne die praktische Lederaufbewahrungstasche, aber vollständig und in einem 1a Zustand.

Ohne Adapter einen Kleinbildfilm in eine TLR laden

Die Experimentierfreudigen unter Euch werden sich bestimmt denken, dass das doch auch ohne Adapter und Firlefanz geht. Einfach Filmdose mit Hilfsmitteln auf der einen Seite einspannen und mit Tesa dafür sorgen, dass sich der Film auf die zweite Spule sicher aufrollt. Ja, das geht, keine Frage, es ist die einfachste Möglichkeit, wenn es keinen Adapter gibt, was eher der Normalfall ist.

Einige Probleme können bei der DIY-Lösung natürlich auftreten

  • der Film könnte wegen der anderen Andruckplatte und nicht vorhandenen Seitenführung nicht plan liegen, sodass die Bilder nicht scharf werden
  • Ausschnitt wählen ist schwer, da die Mattscheibe für das größere Filmformat ausgelegt ist
  • der Rand wird mitbelichtet (okay, das ist ja noch cool)
  • das Negativ hat nicht die Abmessungen 24x36mm, sondern etwas um 24mm + Rand und 60mm und so für manche Kleinbildscanner mit 35mm-Maske nicht vernünftig scannbar
  • die Kamera muss im Dunkeln geöffnet werden und der Film zurückgespult werden

All dies tritt bei der 635 mit Adapter nicht auf

Die Kamera selber hat eine extra Spulmechanik für den 35mm-Film, so werden die Abstände richtig eingehalten. Eine Rückspulaktion im Dunkeln entfällt, da die Kamera eine Entriegelung wie die Kleinbildkameras besitzt und es einen seperaten Rückspulknopf gibt. Die Mattscheibe hat zusätzliche rote Linien, die einem zeigen, welcher Bereich für den Kleinbildfilm relevant ist.
Der Adapter besteht aus insgesamt sechs Teilen, eine Verkleinerung des Sportsuchers (wer benutzt den überhaupt?), eine 24x36mm Maske mit Tranporträdern, eine Andruckplatte für die Planlage, eine Spule und zwei Teile für die Arretierung der Filmdose.
Komfortabler geht es nicht! Und ich bin erstaunt, wie gut verarbeitet und stabil die einzelnen Bauteile sind.

Also, alles eingebaut und los ging’s

Den eingelegten Agfa Vista 400 24+3 habe ich originalverpackt vom Flohmarkt für ca. 50 Cent, Ablaufdatum 02/2008. Weil ich nichts über die Lagerung wusste, die aber bestimmt nicht im Kühl- oder Eisschrank stattfand, belichtete ich auf 200. Für die Belichtungsschätzung nahm ich eine Belichtungsscheibe, die man im Internet unter dem Namen „Pinhole Exposure Calculator“ finden kann. Man stellt die Iso ein, wählt die Belichtungssituation und es wird einem die passenden Zeiten und Blenden angegeben.Motive fand ich Anfang Februar in Greifswald zu genüge. Es war mal wieder ein eisiger Winter, der Ryck war zugefroren und der letzte Schnee schmolz trotz Sonnenschein kein bisschen. Eine Brachflache in der sich das Wasser sammelte wurde von den Einwohner als Schlittschuhfläche umfunktioniert.
Für meine Verhältnisse selten: Ich bekam auf einer einzigen Tour einen ganzen Film voll.

Die Sache mit der Farbentwicklung

Wie ich bereits in meinem Beitrag Zweitausendsiebzehn schrieb, bin ich einen deutlichen Schritt voran gekommen, was meine Ambitionen zur C41-Entwicklung angingen:
Ein Jobo Prozessor CPE 2 ist mir über den Weg gelaufen. Er garantiert ordentliche, reproduzierbare Ergebnisse, weil – im Gegensatz zu schwarz-weiß – die Temperatur strikt eingehalten werden muss. Er kann die Chemie im Wasserbad auf die gewünschte Temperatur erwärmen und rotiert die Entwicklungsdose, die mit einem Magneten an dem Motor befestigt wird.

Mir fehlte nun nur noch die Chemie (das kleinste Problem) und die passende Dose (ein größerer Aufstand). Jobo hat unzählige Bezeichnungen und Modellreihen für seine Entwicklungsdosen und Zubehör, damit will ich jetzt erst im Detail gar nicht hier anfangen. Falls es dazu Fragen gibt, einfach in die Kommentare schreiben, langsam habe ich den Durchblick! ;)
Auf jeden Fall wussste ich nach ein wenig Recherche, dass ich entweder eine breite Dose der 2500er-Reihe oder zusätzliche Rollen, die eine Führung einer Dose mit kleinerem Durchmesser der 1500er-Reihe erlauben. Ersteres war zu teuer, zweiteres kaum zu finden.
Na prima. Die unkonventionelle Lösung: Eine schmalere, günstigere Dose mit „Zeug“ auf den größeren Durchmesser erweitern. Nicht schon anzusehen, hat sich aber als funktional erwiesen!

Gut, nächste Hürde geschafft

Jetzt fehlte mir nur etwas Mut und zwei Testfilme, bei denen ich mir nicht in den Arsch beiße, wenn sie mir nicht gelingen.
Im Mai war es so weit, ich nahm den Film aus der Yashica 635 und den ersten Film meiner Minolta XG-1, spulte sie im Wechselsack in die Spiralen und packte sie in die Jobodose. Dieser Schritt war mir noch gut aus den Zeiten meiner schwarz-weiß Entwicklungen in Erinnerung geblieben.

Der Farbnegativprozess C-41 ist standardisiert und wenn man ihn bei 30°C durchführt nicht sehr hektisch im Ablauf. Man hat genügend Zeit sich zwischen den Arbeitsschritten zu sortieren und muss auch nicht auf die Sekunde genau die Chemie ein- und auskippen. Angesetzt habe ich mit destilliertem Wasser einen halben Liter für jedes der vier Bäder. Eigentlich wären es nur drei Bäder, aber zur Sicherheit habe ich nach dem Entwickler ein Zitronensäure-Stoppbad geschaltet.
Danach die benötigte Menge für die Dose abmessen und diese im Prozessor auf die 30°C erwärmen. Dann kippt man das eine Bad rein, lässt den Motor dauerrotieren und kippt sie nach der vorgebenen Zeit wieder aus und fährt so weiter fort.
Die Ergiebigkeit soll bei meinem verwendeten Kit von Tetenal bei insgesamt 12-16 Filmen liegen, das soll aber deutlich zu steigern sein. Ich teste nun aus, wie viel rauszuholen ist. Ich rechne zurzeit mit mehr als 20 Filmen. Danach werden die Ansätze für Entwickler, Bleichfixierer und Stabilsierer bei der städtischen Entsorgung abgegeben.

Nach weniger als einer halben Stunde ist das Hexenwerk erledigt

Nach dem letzten Bad werden die Filme zum Trockenen aufgehängt und lassen erahnen, ob etwas auf den Negativen zu erkennen ist. Eine unglaubliche Erleichterung machte sich bei mir breit. Keinen dummen Fehler bei der Badreinfolge gemacht oder die Zeit falsch gestoppt und die Kameras scheinen beide auch Bilder produziert zu haben. Puh, alles erst einmal in Butter.

Der letzte Schritt: Scannen und beurteilen

Wie gut die Bilder wirklich geworden sind, kann man erst im Positiv beurteilen. Farbbilder auf Papier zu bannen habe ich in nächster Zeit nicht vor, also wird gescannt.
Das Bild wird dabei noch sehr stark vom Scanner selber und der verwendeten Software mit ihren individuellen Einstellungen beeinflusst. Manche Filmtypen sind mit einem Farbprofil in der Software abgespeichert, die so die Farbwiedergabe festlegen. Aber das ist so ein bisschen die Krux an der Sache, gibt es kein Farbprofil ist man noch ein bischen auf sich selbst gestellt, wie man die Farben nun haben will.
Die Software erlaubt fast alles, aber will man das? Wie sieht das Bild denn in Wirklichkeit aus? Orientiere ich mich an meinem Farbgeschmack oder versuche ich realistische Farben rauszuholen?
Ich habe noch nicht die Antwort gefunden und auch keine standardisierte Scanroutine.

Ergebnisse mit der Yashica 635

Gut, Korn ist ordentlich zu sehen, aber das liegt am ollen Film. Die Kratzer und Kalkflecken (weil dummerweise nachgewässert..) sind mein Werk, aber das habe ich nach mehreren Entwicklungen minimiert. ;)
Dem guten Wetter geschuldet lag die Blendenzahl immer so bei 5,6 bis 11, trotzdem hatte ich nicht mit so scharfen Bildern gerechnet. Die Kamera funktionierte mit dem Adapter einwandfrei, hat keine Überlappungen produziert und der Film scheint auch plan zu liegen. Auch die Belichtung mit der Drehscheibe klappte erstaunlich gut.
So viel Positives hatte ich mir von diesem Doppeltest, der im Grunde genommen sogar ein Dreifachtest geworden ist, nicht erhofft!


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2 Gedanken zu “Doppelte Premiere: Yashica 635 mit 35mm-Adapter und erste Farbentwicklung