Analoges Glück


Der Sommer ist nun (fast) wieder rum ist. Die Zeit rennt. Zum Einfangen von Momenten (ja, diese abgedroschene Fotografen-Phrase..) ist mir derzeit der fotografische Film am liebsten.
Meine digitale Kamera bleibt immer öfter bei Ausflügen daheim oder ist nur ein Beiwerk zu zwei analogen. Ich verliere ein bisschen das Gefühl fürs Digitale.
Neben der schon etwas in die Jahre gekommenen Technik der 50D (ja, ich liebe trotz Analogfimmel technische Neuheiten) und dem zusätzlichen Gewicht (wenn ich schon mindestens eine analoge mitnehme), ist es aber auch ein sehr subjektive Meinung:

Analog hinterlässt einen für mich ästhetischeren Gesamteindruck.

Waldszenerien nehme ich zum Beispiel sehr gerne analog auf.

Ein analoges Bild kommt meinem Ideal eines perfekten Bildes sehr nahe und das ohne große Nachbearbeitung. Mit den Ergebnissen bin ich einfach zufriedener.
Ich liebe diesen Eindruck von Tiefe des Motivs. Es spricht mich emotional auch mehr an, holt den Augenblick der Aufnahme, die Farben, das Wetter, die Gerüche und vieles mehr so viel besser in Erinnerung.

Und auch wenn ich ein etwas ungeduldiger Mensch bin, geht nichts darüber einen Film langsam in Tage, Wochen oder sogar Monaten zu füllen, nach ca. 38 Aufnahmen mit Kurbel oder Motor zurückzuspulen und die Patrone in der Entwicklungstasche im Laden zu lassen. Ein bisschen hoffend, dass alles gut gehen wird.

Ich war jetzt noch nie der Typ der einfach drauf los fotografiert, ein Motiv zigmal ablichten muss. Analog wird man aber noch bedachter und sich seiner Umgebung bewusster. Kein Blick auf den Monitor nach dem Betätigen des Auslösers, kein flüchtiger Knopfdruck wenn das Bild nicht gefällt, nur ein immer weiter schreitendes Zählwerk.

Der 200 ASA-Kleinbildfarbfilm kommt bei mir am häufigsten zum Einsatz. So bin ich – meiner Meinung nach – am flexibelsten unterwegs: Ich kann auch bei bewölkten Verhältnissen mit lichtstarken Festbrennweiten aus der Hand fotografieren, aber auch meine so geliebte geringe Schärfentiefe bei sehr kurzen Belichtungszeiten erhalten.
Natürlich horte ich Filmvorräte, um nie in die Bedrouille zu kommen an einem Ausflugstag nichts analoges mit mir führen zu können. Bei Ausverkäufen oder günstigen Angeboten bei ebay decke ich mich regelmäßig mit verschiedenen Marken ein. Zurzeit sind es hauptsächlich Kodak Gold, Rossmann/DM (umgelabelte Fujis) und Wegert Pro (umgelabelter Ferrania), also nichts Hochpreisiges.
Vor einigen Jahren habe ich fast ausschließlich schwarz-weiß fotografiert, selbst entwickelt und vergrößert. Jedes Mal ein tolles Erlebnis. Aber nicht jedes Motiv wirkt bei mir dann auch gut. Ich nehme mir immer wieder mal vor die hohe Kunst der Schwarz-weiß-Fotografie ernsthafter zu betreiben, in Graustufen zu denken und meine etlichen Farbfilter auszutesten. Bis das mal eintreten sollte, bleibt mir der bequemere Weg: Die Umwandlung der Farbscans und einer kleine Nachbearbeitung in Photoshop.

Viel zum analogen Glück trägt natürlich auch die Kamera bei. Ich liebe die Handhabung dieser Apparate und mag auch einfach deren Aussehen. Seien es Kisten aus purem Metall, silbern verchromte, schwarz eloxierte, doppeläugige, kleine, große, tonnenschwere oder federleichte Modelle.
Haben mich am Anfang vor allem vollmechanische Kameras interessiert, kleine technische Wunderwerke, die ohne Strom auskommen und für ihr Alter tolle Bilder fabrizieren. So ist es mir doch zu aufwendig geworden immer einen externen Belichtungsmesser mitzunehmen. Meine Fähigkeiten die korrekte Belichtungszeit zu schätzen halten sich nämlich durch zu wenig Praxis in Grenzen. Auch die Sunny-16-Regel mit dauerndem Umrechnen nervt mich (noch).
Für ein „schnelleres“ Foto – also nur Bildkomposition und Festlegung der Blende – bin ich deshalb ein großer Fan von Spiegelreflexkameras der 70er bis 90er Jahre mit integriertem Belichtungsmesser und Belichtungsautomatiken geworden.

Die letzten analogen Monate kamen auch wieder ein paar neue, alte Kameras dazu, unter anderem eine Olympus OM-2, und einige wurde endlich mal wieder mehr benutzt. Am meisten kamen Canon-Modelle wie die T90 oder EOS 3 zum Einsatz. Bei den sehr modernen EOS ist es praktisch, dass sie die vollformattauglichen Objektive meiner 50D nutzen können und sie sich in der Bedienung kaum von einer digitalen Kamera unterscheiden. Aber auch eine Nikon FE, die ich von meinem Onkel bekomme habe, nehme ich ich sehr gerne mit auf Fototour. Die Kamera ist qualitativ sehr hochwertig und kann mit einer großen Auswahl an hervorragenden Linsen punkten. Auch wenn die meisten davon für mich unerschwinglich sind. ;)

Fürs nächste Jahr liebäugle ich mit einer neuen Digitalen. Welche Art von Kamera, ob spiegellos, Vollformat oder einfach eine neue APS-C steht noch in den Sternen. Vielleicht lässt dann meine Liebe zum Analogen wieder etwas nach. Aber bis dahin werden sich noch viele weitere Filme füllen.

Und wer jetzt noch nicht genug von analogen Bilder gekriegt hat, dem empfehle ich sich zum Schluss diese flickr-Gruppen mal näher anzuschauen :)


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3 Gedanken zu “Analoges Glück

  • Matthias Haltenhof

    So Vieles kommt mir beim Lesen bekannt vor, so vertraut ist es und eine gewisse Wärme entsteht dabei. Ich habe mit der Fotografie begonnen, als ich eine digitale Kamera erwarb. Immer mal wieder habe ich die analoge Fotografie ausprobiert. Irgendwie haben mich aber die Bilder selten gefangen genommen. Mir fehlt irgendwie die Möglichkeit der Nachbearbeitung, denn auch die 35mm Kleinbild Scans mit 2 MP aus dem Labor ließen da wenig Spielraum. Ich finde, dass der Scanprozess selbst schon einen Studiengang für sich einnehmen könnte. Aber trotzdem liebäugle ich immer wieder damit, wieder dieses unbeschwerte Fotografieren auszuprobieren und schon ein für mich zufriedenstellendes Bild aus der Kamera zu bekommen, ohne es nachbearbeiten zu müssen.

  • Wolfram Goldmann

    Hi ! Deine Fotos und Kommentare in Deinem Blog gefallen mir sehr gut, einiges kommt mir sehr vertraut vor. Habe die analoge Fotografie nie verlassen, Fotografiere seit meinem 12lebensjahr mit einer zwei Äugigen Rolleiflex seit meinem 16 Lebensjahr Entwickel all meine Filme. Habe in der Zwischenzeit drei Mittelformat cameras und eine Sinar 4×5 inch in Und eine Linhoff in 8×10 inch .
    Bin super zufrieden. Die Bilder mit den cameras sind umwerfend.
    Wünsche Dir weiterhin so gute Fotos. L. G. Wolfram